Editorial FUNKAMATEUR 8/2024
„N“ bestanden – doch wie gehts weiter?
Jahrelang haben wir neidvoll auf Länder geschaut, die es dem Nachwuchs mit dem Einstieg in den Amateurfunk besonders einfach machen. Seit dem Inkrafttreten der novellierten Amateurfunkverordnung Ende Juni sind die Bedingungen dafür in Deutschland ähnlich günstig. Das beharrliche Ringen des Runden Tischs Amateurfunk (RTA) um eine neue Einsteigerklasse hat letztlich zum Erfolg geführt. So haben wir neben etlichen positiven Änderungen für die bereits bestehenden Klassen A und E nun endlich die ersehnte N-Klasse. Nicht nur der DARC e.V. hat große Hoffnungen, mit jungen Leuten der Überalterung seiner Mitglieder entgegenzuwirken.
Entsprechend groß ist das Engagement zur Erreichung dieses Ziels. Ein Team um Dr. Matthias Jung, DL9MJ, hat einen zeitgemäßen Fragenkatalog für die Prüfung zur Klasse N zusammengestellt, der in erweiterter Form beim DARC-Verlag als Lehrbuch erschienen ist. Michael Reichardt, DL2YMR, hat eine Serie von Videos zu den einzelnen Lektionen produziert und als Kurs auf Youtube veröffentlicht.
Die Lernplattform www.50ohm.de und die gratis nutzbare App 50Ohm-pocket bieten nicht nur einen Online-Lehrgang, sondern neben anderem auch eine Liste erfahrener Funkamateure, die Funkinteressierten und Neueinsteigern Hilfestellung geben. Der Fragenkatalog, ohne erläuternde Worte, steht auf der Website der BNetzA kostenlos zum Herunterladen bereit.
Beste Bedingungen, zumindest was die Prüfungsvorbereitung betrifft. Das eigentliche Problem, nämlich dass unser Hobby nicht mehr die Anziehungskraft wie früher besitzt, ist damit aber nicht gelöst. Der Amateurfunk hat im Laufe der Zeit immens an Attraktivität verloren: Weltweit kommunizieren, Bilder, Videos oder andere Daten übertragen, das kann heute jeder – ohne Prüfung, ohne besonderen Aufwand und in höchster Qualität.
Die Erkenntnis, dass der Amateurfunk eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung ist, müssen wir dem potenziellen Nachwuchs vermitteln und dazu alle sich bietenden Gelegenheiten nutzen. Das ist in schulischen Arbeitsgemeinschaften, bei den Pfadfindern, bei THW-Vorführungen oder vielen anderen Gelegenheiten möglich.
Wenn das Rufzeichen erteilt ist, kann es dann endlich losgehen. Die Beschränkungen in Bezug auf nutzbare Bänder und zulässige Sendeleistung können aber sehr schnell zu Frustration führen. Mit einem 5-W-VHF/UHF-Handfunkgerät erreicht man wahrscheinlich aus der Wohnung noch den nächstgelegenen Repeater. Aber was, wenn man über diesen CQ ruft und niemand antwortet? Oder wenn zwei Nutzer dort schier endlos plauschen und selbst auf einen Zwischenruf nicht reagieren?
Hier sehe ich unsere gemeinsame Verantwortung. Wir müssen es schaffen, dass die Neuen positive Erfahrungen machen und den Spaß an ihrem neuen Hobby nicht verlieren. Nur dann nämlich kann ein junger Funkamateur anderen von seinen Erfolgen erzählen und zum Multiplikator werden.
Die Weichen sind gestellt, die Rahmenbedingungen günstig wie nie. Es liegt jetzt an uns Middle- und Oldtimern, ob die Neuen zu aktiven Funkamateuren werden, die ihr Leben lang für den Amateurfunk brennen. Besonders am Anfang dieses Wegs benötigen sie vielfältige Unterstützung. Es kann sein, dass der eine einen Tipp braucht, wie er eine unauffällige Antenne am Balkon anbaut, oder dass dem anderen schlichtweg ein passendes Koaxialkabel fehlt. Und schaut doch einmal im Shack nach, ob dort nicht noch ein ungenutzter Transceiver herumsteht, den man einem Newcomer ausleihen oder sogar schenken könnte.
Auch wenn die Neuen nicht alles gleich so machen, wie wir Alten es uns vorstellen – seid freundlich zu ihnen und helft, wo immer Ihr könnt.
Ingo Meyer, DK3RED