Editorial FUNKAMATEUR 3/2024
Reparieren statt wegwerfen!
Zunächst war es nur ein Gerücht, inzwischen aber kam die offizielle Meldung: Die Reparatur defekter Produkte soll in Zukunft deutlich einfacher und billiger werden als bisher. In Brüssel haben sich die Unterhändler von Parlament, Kommission und Rat darauf geeinigt, dass es ein EU-weites Recht auf Reparatur geben soll. Infolgedessen können Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Kühlschränke, Staubsauger, Mobiltelefone und andere Produkte bis zu drei Jahre nach dem Kauf auf Wunsch vom Hersteller reparieren lassen.
Aber auch nach dieser Frist soll ein Rechtsanspruch auf Reparatur bestehen. Die Hersteller werden dazu verpflichtet, Ersatzteile und benötigte Spezialwerkzeuge zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu stellen. Es ist dann folgerichtig verboten, die Reparatur durch Vertragsklauseln oder Tricks bei Hard- und Software zu erschweren oder gar unmöglich zu machen.
Damit möglichst viele Menschen ein defektes Gerät instand setzen lassen, sollen die EU-Mitgliedsstaaten die Reparatur fördern. Dies könnte etwa durch die Ausgabe von Reparaturgutscheinen geschehen, wie derzeit in Sachsen und Thüringen, durch Reparaturkurse oder sogar mittels Reduzierung der Umsatzsteuer auf Reparaturleistungen.
Ich finde diese Nachricht aus Brüssel sehr bemerkenswert, könnte die neue Gesetzgebung doch endlich im großen Rahmen den langfristigen Umstieg von der Wegwerf- zur Reparaturgesellschaft einläuten. Große Mengen an Müll ließen sich jährlich vermeiden. Die unsägliche Ressourcenverschwendung der heutigen Ökonomie nach dem Motto „Hauptsache viel und billig“ ginge damit zumindest in Europa ihrem Ende entgegen. Letztere ist eine wesentliche Ursache dafür, dass die Reparatur derzeit meist teurer als der Neukauf ist – dies nicht selten sogar bei banalen Defekten, wie einem defekten Anschlusskabel, Stecker oder Schalter.
Es versteht sich von selbst, dass dieser Wandel nicht von heute auf morgen geschehen wird. Hier sind ökonomische Prozesse umzugestalten, die leider zunehmend außerhalb Europas stattfinden, was die Sache nicht gerade einfacher macht. Es ist jedoch nicht nur ein grundlegender Sinneswandel bei den Herstellern, sondern auch bei uns Konsumenten erforderlich. Ich vermute, dass reparaturfreundliche Geräte künftig teurer sein werden, als gleichartige Erzeugnisse aus dem heutigen Sortiment. Schon bei der Entwicklung müssten Hersteller neu denken und so manche Billiglösung wäre dann nicht mehr möglich. Am Ende würden aber nicht nur die Ressourcen unseres Planeten und die Umwelt geschont. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher würden dies langfristig im Geldbeutel spüren, wenn sie ein Gerät durch preisgünstige Reparatur länger nutzen können. Nicht von ungefähr gibt es den Spruch „Wer billig kauft, kauft doppelt.“
Im Kleinen ist der Anfang schon längst gemacht. Für Haushaltsgeräte aller Art gibt es bereits eine kostengünstige Reparaturmöglichkeit in sogenannten Repair-Cafés. Dies sind ehrenamtliche Initiativen, bei denen fachkundige Spezialisten defekte Geräte für wenig Geld oder sogar kostenlos reparieren. Nicht selten gehören Funkamateure und Hobbyelektroniker zu diesen selbstlosen Helfern.
Bestimmt gibt es eine solche Einrichtung auch in Ihrer Nähe, lieber Leser. Schauen Sie doch einfach einmal auf www.repaircafe.org/de nach. Wenn Sie überdies noch gern schrauben oder basteln und daheim sowieso schon für alle Reparaturen zuständig sind, haben Sie schon eine ganze Menge Erfahrung auf diesem Gebiet. Arbeiten Sie beim nächstgelegenen Repair-Café ehrenamtlich mit und tragen Sie so dazu bei, dass die Welt ein klein wenig besser wird. Die gute Erfahrung, andere Menschen glücklich zu sehen, deren liebgewonnenes altes Bügeleisen oder Radio wieder funktioniert, ist diesen Einsatz allemal wert. Und Spaß macht das Ganze sowieso.
Peter Schmücking, DL7JSP